Sportler leisten in und nach der Lehre oft mehr

Lohnt es sich für Firmen, wenn Junge Lehre und Leistungssport unter einen Hut zu bringen versuchen? Patrik Wägeli, Marathonmeister und Meisterlandwirt ist davon überzeugt, denn „harte Zeiten bilden auch harte Athleten aus, die es gewohnt sind, Leistung zu zeigen“.

Das 17. Berufsbildungsforum Thurgau, das vom Kanton Thurgau, dem Thurgauer Gewerbeverband und der Industrie- und Handelskammer Thurgau organisiert wurde, widmete sich am Freitagnachmittag dem Thema Lehre und Leistungssport.

20 Prozent fürs Training freigestellt
Der Chef des kantonalen Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung, Marcel Volkart, erklärte vor 90 Personen im Weinfelder Thurgauerhof, dass sich die Zeiten hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Leistungssport in den letzten Jahr(zehnt)en massiv geändert hätten. Hatte früher bei vielen Firmen die Lehre klar Priorität vor den möglichen sportlichen Meriten des Nachwuchses gehabt, so sei heute beides möglich, wenn klare Absprachen getroffen würden.
Dass es Firmen gibt, die Sporttalente speziell fördern, zeigte Andreas Bischof, Leiter Berufsbildung bei der Bühler Group, Uzwil. Aktuell bietet die Firma 20 „Sportlehren“ an, bei denen 20 Prozent der Zeit für Trainings aufgewendet werden dürfen. Allerdings nur, wenn die Leistung in der Schule und am Arbeitsplatz stimmt. „Wir überprüfen jährlich, ob die Ziele erreicht wurden“, so Bischof. Ein weiterer Bonus für die Sportlerinnen und Sportler sind die Physio- und Massagedienste, die der Regeneration zugutekommen und bei der Bühler allen Angestellten angeboten werden.

„Die beste Lebensschule“
Der „schnellste Landwirt der Schweiz“, Patrik Wägeli aus Nussbaumen, schilderte, wie anspruchsvoll sein Lauf an die Spitze war. „Ich wollte schon immer Bauer werden und habe mir als Läufer schon immer hohe Ziele gesetzt“, so Wägeli. Zwar wäre bei ihm „noch mehr drin gelegen“, wenn er auf eine Betreuung à la Bühler hätte zählen können. Doch rückblickend habe sich der mangelnde Komfort und die langen Arbeitszeiten in der Lehre für ihn ausbezahlt, denn "harte Zeiten bilden auch harte Athleten“. Heutigen Berufsbildnern würde er gerne mitgeben, dass der Leistungssport „die beste Lebensschule ist“, so Wägeli.

Geld für leistungssportfreundliche Firmen
Michael Krucker vom Sportamt Thurgau möchte „jungen Menschen die Chance geben, Beruf und Leistungssport auszuüben und im besten Fall in beiden Bereichen erfolgreich zu sein“. So unterstützt der Kanton Thurgau leistungssportfreundliche Firmen mit jährlich 2000 Franken, wenn sie einen Lernenden oder eine Lernende, der, bzw. die Leistungssport betreibt, ausbildet und dabei auch Rücksicht auf die Trainingsbedürfnisse der Jugendliche nimmt. Lernende, wie sie am Bildungszentrum für Wirtschaft in Weinfelden anzutreffen sind. Dessen Prorektor, Philipp Sauter, betonte, dass „wir offen für Schüler sind, die Leistungssport betreiben“. Doch könne man nur bedingt Stundenplanänderungen machen. Ausbildungsrelevante Fächer könnten nicht gestrichen werden, wohl aber alles, was mit dem Schulsport oder Einzeltagen zu tun habe.

Mehr Freiräume, wenn die Leistung stimmen
Am Podium, das von Diana Gutjahr geleitet wurde, zeigten sich die Lernenden, Umut Gencoglu (Fussball/Heizungsmonteur) und Nando Tanner (Eishockey/Spengler), froh darüber, dass ihre Arbeitgeber eine grosse Flexibilität bei der Arbeitszeit zeigten. Denn Trainingszeiten seien in Mannschaftssportarten fix und könnten nicht mit individuellem Training nachgeholt werden. Ihre Berufsbildner, Genc Zumeri von der Albin Gisler AG, Amriswil, und Sandro Erni von der Beerli und Erne AG, Frauenfeld, erklärten, dass es nicht einfach sei, die Bedürfnisse der Firma und Kunden mit den Trainings der Leistungssportler in Einklang zu bringen, aber eine flexible Planung erleichtere vieles. Stimmten die Leistungen, dann könne man als Arbeitgeber auch mehr Raum fürs Training geben. „Wir haben keine fixe Zahl abgemacht, die Umut als Note erreichen muss, aber er muss sich für den Heizungsmonteurberuf interessieren und die schulischen Ziele erreichen. Und wenn er im Betrieb ist, muss er den Kopf für die Arbeit frei haben“, so Genc Zumeri.

Text und Bild: CHRISTOF LAMPART

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