Fachkräftemangel war gestern, heute ist es schon schwierig, per se Arbeitskräfte zu finden. Gerade wenn das im Inland vorhandene Potential besser genutzt werden soll, braucht es vor allem eines: eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die letzte Meldung der Statistikbehörde liess aufhorchen. Die Arbeitslosenquote in der Schweiz liegt auf einem historisch tiefen Stand, und dass obschon am Konjunkturhimmel weiterhin dunkle Wolken vorbeiziehen. Durch den akzentuierten Arbeitskräftemangel lassen sich in den Unternehmen bereits kreative und unkonventionelle Rekrutierungsmassnahmen beobachten. Dabei ist das Inland-Potential noch lange nicht ausgeschöpft.
Stellenwechsel sind schon seit längerem nicht mehr nur durch das Salär getrieben. Attraktive und flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice, Job-Sharing und insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf rücken immer mehr ins Zentrum. Die eigenständige Festlegung von Zeit und Ort zur Erbringung der Arbeitsleistung ermöglicht es Eltern, den Verpflichtungen von Arbeit und Familie nachzukommen. Die Unternehmen sind deshalb gut beraten, den Hebel nicht beim Lohn, sondern bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes anzusetzen. Mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird zudem nicht nur das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver, es setzt auch weiteres vorhandenes Fachkräftepotential frei.
Begleitend braucht es am Wohn- und Arbeitsort ein verfügbares Angebot an Tagesstrukturen und Kinderbetreuung. Betriebe, die in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf investieren, sollten ebenso gefördert werden können wie staatliche Institutionen. Die Arbeitgeber sind aber noch lange nicht allein in der Pflicht. Jede Gemeinde, die sich einen attraktiven Wohnort auf die Fahne schreibt, sollte über ein ausgebautes familienergänzendes Betreuungsangebot verfügen.
Die Ostschweiz, Freitag, 10. Februar 2023
Text: Marc Widler